„Dieser Erinnerungsschmerz muss ein gemeinsamer Schmerz sein“ –

Kulturstaatsministerin Claudia Roth besucht Ausstellung „Mölln nach Mölln“

Mölln. An diesem Bauzaun führt kein Weg vorbei. Die großen Gitter, die sich aneinanderreihen, dominieren den Raum. Die Aula des Berufsbildungszentrums Mölln (BBZ) hat sich in einen sperrigen Ausstellungsort verwandelt. 30 Jahre nach den Brandanschlägen zeigt der Verein Miteinander leben dort unter dem Titel „Mölln nach Mölln“ die Bilder des Reportage-Fotografen Walle. Wie dunkle Flecken prangen die Momentaufnahmen auf den Metallstreben. Das Erinnerungsmosaik scheint – nach den Attentaten von Halle und Hanau – bedeutsamer denn je und für Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) ein Grund vorbeizuschauen. 

Sie stellt das gleich zu Beginn klar: Dies ist kein Besuch der Privatperson Roth, dieser Besuch ist hochoffiziell. „Ich bin als Ministerin hier“. Und als diese kommt sie schnell auf den Punkt. „Ich verspreche Ihnen, nicht nur die Aufarbeitung des Naziterrors, sondern auch die fremdenfeindlichen Verbrechen in der Bundesrepublik in den Mittelpunkt meiner Arbeit zu stellen. Dieser Erinnerungsschmerz muss ein gemeinsamer Schmerz sein.“

Die Ministerin sagt dies in Richtung von Faruk und Ibrahim Arslan, die bei den Möllner Brandanschlägen 1992 ihre Mutter, Tochter und Nichte bzw. Oma, Schwester und Cousine verloren haben. 30 Jahre danach verlangen Vater und Sohn, dass in der Erinnerungskultur die Opfer stärker in den Blick genommen werden. „Wir möchten, dass man mit uns kommuniziert und zwar auf Augenhöhe“, sagt Ibrahim und spricht ausdrücklich für all die Hinterbliebenen des bundesrepublikanischen Naziterrors. Dies sei seit 30 Jahren nicht geschehen.

„Ibrahims Forderung hat hohe Legitimität“, sagt Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen), der wie seine Parteikollegin und Landtagskandidatin Uta Röpcke dem Pressegespräch beiwohnt. Auch er wünscht sich, dass die Erinnerungsarbeit engagierter Bürgerinnen und Bürger mit den Hinterbliebenen künftig stärker zusammenfindet. „Wir können es und werden es besser machen.“ 

„Dafür müssen Bund, Länder und Kommunen zusammenwirken und die notwendigen Mittel bereitstellen“, ergänzt Röpcke. Die Listenkandidatin, die die Kulturarbeit ins Zentrum ihres Wahlkampfes gestellt hat, macht sich für die Einrichtung von Erinnerungsorten stark. „Wir wollen, dass Opfer rechter Gewalt sichtbar sind und sichtbar bleiben.“ In Mölln setzen sich Bündnis 90/Die Grünen deshalb für eine zentrale Gedenkstätte ein. „In unserem Wahlprogramm haben wir festgeschrieben, den Verein Miteinander leben bei diesem Bestreben zu unterstützen“, so Röpcke. 

Kulturstaatsministerin Roth wendet sich am Ende des Pressegesprächs noch mal direkt an Faruk und Ibrahim Arslan: „Schenken Sie dem demokratischen Mölln, dem demokratischen Deutschland das Vertrauen, dass wir Ihr Erleben und Ihre Trauer zu unserer gemeinsamen Geschichte machen.“ In Ministerium habe deshalb heute schon eine Gesprächsrunde stattgefunden. Das Thema: Wie lassen sich Erinnerungskultur für die Opfer des Nationalsozialismus und des rechten Terrors der Bundesrepublik zusammenbringen?

Bildunterschrift: Setzt sich für eine Erinnerungskultur ein, die NS-Opfer und Opfer des rechten Terrors in der Bundesrepublik gleichermaßen miteinbezieht: Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) im Gespräch mit Konstantin von Notz, Ibrahim Arslan und Mitgliedern des Vereins.