Bereits seit langem ist bekannt, dass die Elbbrücke bei Lauenburg stark sanierungsbedürftig ist. Sie muss entweder mit erheblichem Aufwand grundsaniert oder durch eine neue Brücke ersetzt werden. Die jetzige kombinierte Schienen- und Straßenbrücke wurde 1954 errichtet und ist insbesondere dem stark gewachsenen Straßenverkehr nicht mehr gewachsen.
Gleichzeitig gibt es schon seit langem Planungen für zwei Ortsumgehungen bei Lauenburg:
- Die Ortsumgehung Ost, bei der die Bundesstraße von der Hafenstraße in den Bereich des Industriegebiets verlegt werden soll.
Für die Nordumgehung gab es bisher keinerlei konkrete Planungen. Die Ostumgehung wurde dagegen auf Initiative des Bürgeraktionsbündnisses „Lauenburg reichts“ schon seit mehreren Jahren konkret geplant. Dabei wurde eine Sanierung der Elbbrücke oder ein Neubau an der bisherigen Stelle angedacht.
Die Planungen waren schon relativ weit fortgeschritten, die möglichen Trassen festgelegt und sind im März 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt worden.
Ende 2020 wurde dann bekannt, dass die Deutsche Bahn zukünftig die Nutzung der Brücke durch den Straßenverkehr nicht mehr zulassen wolle. Die Deutsche Bahn ist Eigentümerin der jetzigen Elbbrücke und der Straßenverkehr ist aufgrund einer vertraglichen Regelung nur „geduldet“.
Hintergrund der Entscheidung der Deutschen Bahn könnte sein, dass bei einer Nutzung nur als Eisenbahnbrücke eine Sanierung wohlmöglich ausreichen könnte. Dann könnte die Brücke noch länger genutzt werden und müsste nicht ersetzt werden. Ein finales Gutachten zu diesen Fragen sollte im Herbst 2021 vorliegen, ist bisher jedoch noch nicht öffentlich geworden.
Durch diesen neuen Sachverhalt hat sich das Verkehrsministerium in Kiel entschieden, die bereits weit gediehenen Planungen zur Ortsumgehung Ost bei Lauenburg einzustellen und den Planungsprozess grundlegend neu zu beginnen, da nun von einer zweiten, separaten Brücke nur für den Autoverkehr auszugehen sei.
Auf dieser Grundlage scheint insbesondere der damalige Verkehrsminister Dr. Buchholz (FDP) den Ansatz vorzuziehen, dass die neue Elbbrücke westlich von Lauenburg stehen soll, um sie dann an die im Bundesverkehrswegeplan vorgesehene Ortsumgehung Nord bei Lauenburg anzuschließen. Die Ortsumgehung Ost sei dann entbehrlich.
In der Zwischenzeit hat der Landesbetrieb Verkehr (LBV) die neuen Planungsvorgaben veröffentlicht. Diese wurden im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 19.11.2021 in Lauenburg von den Verkehrsministern von Schleswig-Holstein und Niedersachen vorgestellt. Demnach werden jetzt insgesamt 11 verschiedene Möglichkeiten für den Standort der neuen Elbbrücke untersucht: 5 westlich von Lauenburg und 6 östlich von Lauenburg.
Im Rahmen der Informationsveranstaltung wurde deutlich, dass eine westliche Querung bevorzugt werde. Diese könne dann unmittelbar an die Nordumgehung anschließen und der Straßenverkehr damit insgesamt um Lauenburg herumgeführt werden.
Trotz dieser schlüssig erscheinenden Annahme ist eine westliche Elbquerung aus vielfachen Gründen grundsätzlich abzulehnen und die Planungen sollten nicht weiterverfolgt werden:
Nicht zu vertretender Eingriff in das Naturschutzgebiet
Alle westlichen Trassen würden das Naturschutzgebiet „Hohes Elbufer“ durchschneiden. Für den, der die Örtlichkeiten kennt, ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass im Vergleich zu einer Elbbrücke an der jetzigen Stelle östlich von Lauenburg, dieser Bereich keine Alternative für eine Elbquerung darstellen kann. Der Eingriff in das Naturschutzgebiet „Hohes Elbufer“ wäre viel zu gravierend.
Das NSG „Hohes Elbufer“ ist durch einen sehr alten, natürlich gewachsenen Wald mit einem ca. 40m hohen, quellreichen Steilhang geprägt. Lichte Hangwälder, in denen u.a. Traubeneiche, Kiefer, Feldulme und Wildbirne wachsen, wechseln sich mit Buchen- und Quellwäldern ab. An Rutschhängen mit tief eingegrabenen Schluchten stehen Eichen-Trockenwälder.
Der Uferbereich der Elbe wird von wechselnassen Staudenfluren, Röhrichten und Weidengebüschen gesäumt, an die sich naturnahe Weichholzauen mit Purpurweiden und Schwarzpappeln anschließen. Das Naturschutzgebiet dient zahlreichen Tieren und Pflanzen als Lebensraum. So kommen hier u. a. Fluss- und Meerneunauge und Rapfen vor.
Die Zauneidechse und andere Reptilien sind ebenso heimisch wie zahlreiche Amphibien, Vögel und Fledermausarten. Der Biber hat sich erfolgreich wieder angesiedelt.
Flächen östlich von Lauenburg sind renaturierbar
Teilweise wird argumentiert, dass auch die Flächen östlich von Lauenburg in einem Naturschutzgebiet liegen. Dabei ist aber zunächst zu berücksichtigen, dass dieses Naturschutzgebiet „Lauenburger Elbvorland“ von der Wertigkeit her als geringer einzustufen ist, als das westlich von Lauenburg gelegene Naturschutzgebiet ‚Hohes Elbufer‘.
Die Fläche, die sich auf das Deichvorland der Elbe südöstlich vom Elbe-Lübeck-Kanal bis zur Landesgrenze von Mecklenburg-Vorpommern erstreckt, ist durch die ab dem 19. Jahrhundert errichteten Deiche weitgehend durch den Menschen gestaltet und können daher bei Eingriffen auch relativ einfach wieder renaturiert werden.
Die Naturschutzorganisation BUND hat sich daher dafür ausgesprochen, eine neue Elbbrücke östlich von Lauenburg zu errichten und keinesfalls westlich.
Neubau östlich von Lauenburg mit nur geringen Eingriffen möglich
Zudem bietet eine Errichtung einer neuen Elbbrücke an der jetzigen Stelle oder unmittelbar daneben die Möglichkeit, Brücke und Ortsumgehung Ost weitgehend die geschützten Flächen im Osten von Lauenburg zu umgehen bzw. nur marginal
zu beeinträchtigen.
So schlägt der BUND z. B. vor, die Brücke an jetziger Stelle oder in deren Nähe zu errichten und die Ortsumgehung dann auf einem Deich um das Industriegebiet bei Lauenburg bis zur B5 herumzuführen.
Dadurch könnte der alte Elbdeich zurückverlegt werden und es würden nicht nur zusätzlich schützenwerte Überflutungsgebiete geschaffen, sondern auch Polderflächen, die bei einem Hochwasser der Elbe den Schutz von Lauenburg und Hohnstorf verbessern.
Trassen führen dicht an Wohngebieten vorbei
Drei der fünf westlichen Trassen führen dicht an Wohngebieten, speziell am Neubaugebiet Birnbaumkamp vorbei und bringen damit keine Verkehrsberuhigung.
Die am dichtesten an Lauenburg bzw. sogar in Lauenburg liegende Trasse würde unmittelbar in Höhe des jetzigen Neubaugebiets Birnbaumkamp über die Elbe führen und dort an die B5 anschließen. Der Verkehr würde dann direkt westlich vom Neubaugebiet über das Feld nach Norden in Richtung Krüzen geführt.
Nordumgehung unabhängig vom Standort der Elbbrücke
Die Realisierung der im Bundesverkehrswegeplan vorgesehenen Nordumgehung von Lauenburg ist gänzlich unabhängig davon, wo die Elbbrücke gebaut wird. Bisher ist ja auch davon ausgegangen worden, dass die Elbbrücke weiterhin beim Bahnhof
stehen wird.
Die Trasse der Nordumgehung startet in jedem Fall östlich von Lauenburg an der B 5 und endet westlich von Schnakenbek bzw. Lauenburg wieder an der B 5. Der Standort der Brücke ist für die Nordumgehung daher unerheblich.
Nordumgehung nicht rechtzeitig fertig
Eine sehr große Gefahr liegt zudem in den zeitlichen Abläufen. Wie auf der Informationsveranstaltung dargestellt und versichert wurde, würde eine Elbquerung westlich von Lauenburg nur Sinn ergeben, wenn gleichzeitig die Nordumgehung erstellt wird. Das ist aber vollkommen unrealistisch.
Aufgrund des Zustands der jetzigen Elbbrücke bedarf es in absehbarer Zeit eines Neubaus. Hier kann nicht unendlich gewartet werden. Zu glauben, im selben Zeitraum eine Ortsumgehung nördlich von Lauenburg bauen zu können, ist vollkommen naiv oder schlechterdings eine unwahre Behauptung.
Man muss sich nur vergegenwärtigen, dass für die Verlängerung der Ortsumgehung um gerade einmal drei Kilometer in Schwarzenbek nahezu 30 Jahre benötigt wurden. Wie lange wird es dann wohl bei einer acht Kilometer langen Ortsumgehung für Lauenburg dauen, bei der nicht nur eine Gemeinde beteiligt ist, sondern vier oder fünf (Schnakenbek, Krüzen, Buchhorst, Lauenburg und ggf. Lanze), die alle spezielle Interessen haben.
Die Folge einer Umsetzung einer Elbquerung westlich von Lauenburg wird daher mit allergrößter Wahrscheinlichkeit sein, dass die Elbbrücke vor einer Nordumgehung fertig ist und der gesamte Verkehr dann über die B5 durch Schnakenbek und Lauenburg hindurchgeführt wird. Das wäre genau das Gegenteil von dem, was mit den Ortsumgehungen beabsichtigt ist.
Die im November 2021 bekannt gegeben Planungen zu den westlichen Trassen beinhalten auch genau dieses Szenario, weil bei allen fünf Trassen jeweils Anschlussmöglichkeiten an die B5 berücksichtigt wurden.
Und die derzeit durchgeführten Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit belegen dieses Szenario. Das Monitoring der Tierwelt wird nur in dem Bereich der möglichen Westquerung vorgenommen und nicht auf einer möglichen Trasse einer Nordumgehung, weil es dort auch noch keinerlei konkrete Anstrengungen für einen Planungsbeginn gibt.
Durchgangsverkehr auch bei einer Nordumgehung
In jedem Fall würde es selbst bei einer Elbquerung westlich von Schnakenbek und einer Nordumgehung zusätzlich Durchgangsverkehr durch Schnakenbek und Lauenburg geben, weil die aus Süden kommenden Verkehre mit Ortskenntnis, die nach Osten wollen, über die B5 abkürzen würden.
Brücke gegenüber Steilhang sinnlos
Die Planung einer Brücke gegenüber einem Steilhang, obwohl an anderer geeigneter Stelle ebenes Gelände vorhanden ist, ist sinnlos.
Warum wohl ist die letzte Elbbrücke 1954 an der jetzigen Stelle erbaut worden und wurde nicht zwischen Schnakenbek und Glüsing über den Elbhang geführt? Dort war schon in den 1930er Jahren die sog. Lüdemann- oder Hindenburg-Trasse geplant, für die sogar Grundstücke erworben wurden, die vermutlich heute noch im Bundesbesitz sind.
Aber schon damals wurde eingesehen, dass der Steilhang eine Brücke unnötig aufwändig, groß und teuer macht und es sinnvoller ist, zwischen Hohnstorf und Lauenburg die Elbe zu queren, wo es beiderseits der Elbe flach ist.
Lärm wird durch Westwind verstärkt
Eine Brücke westlich von Lauenburg wird aufgrund der vorherrschenden Windrichtung aus Westen zu einer deutlich verstärkten Lärmbelästigung für Hohnstorf, Lauenburg und Artlenburg führen.
Tunnel absolut unrealistisch
Die in den Planungsunterlagen als mögliche Varianten eingezeichneten Tunnellösungen sind unrealistisch und werden in keinem Fall kommen.
Die Taktik des Versprechens einer Tunnellösung wird seitens des LBV schon seit längerem verfolgt. Als „Beruhigungspille“ wird zunächst erzählt, man plane einen Tunnel, um die negativen Folgen einer Brücke zu vermeiden.
So wurde z.B. bei der Wakenitz-Querung in Ratzeburg verfahren und zuletzt in Geesthacht bei der Ortsumgehung, die dort auf den Elbhang führen soll. Im weiteren Verlauf der Planungen sind die Tunnellösungen dann immer entfallen, weil ein Tunnel im Vergleich zu einer Brücke erheblich teurer ist und damit ausschied.
Im Fall einer Elbquerung westlich von Lauenburg würde dieses Kostenverhältnis noch um ein Vielfaches ungünstiger. Ein Tunnel müsste wesentlich länger sein, da er auf der Nordseite auf den 35 bis 40 Meter hohen Steilhang trifft. Um dort wieder an die Oberfläche zu gelangen bräuchte er zusätzlich einen 2 km langen Anstieg.
Kontakt und weitere Informationen
horsten Pollfuß – tpollfuss@aol.com